Herbst und Winter in Listwjanka am Baikalsee

Kaum sind wir aus unserem Wagen der Transsibirischen Eisenbahn ausgestiegen, da kommt auch schon ein sympatischer Russe auf uns zu, der ein Schild mit unserem Namen darauf vor sich hält. Es ist unser “Reiseleiter” der uns zu unserer Unterkunft am Baikalsee bringen wird.
Von Perron führt uns Sergej hinaus vor den Bahnhof von Irkutsk. Dort wartet bereits ein Minibus auf uns, welcher uns zum 70km entfernten Listwjanka bringen wird. Auf der Fahrt vom Bahnhof durch das Zentrum von Irkutsk sind wir froh, dass wir nicht mit den Velos unterwegs sind. Der Verkehr ist ziemlich hektisch. Man fährt wo Platz, resp. kein Schlagloch ist. Es herrscht ein sehr aktiver Fahrstil auf diesen Strassen und man darf kein ängstlicher Fahrer sein um hier vorwärts zu kommen.

Auf der Eisenhauer-Strasse, welche in den 60er Jahren für einen nie zustande kommenden Besuch des amerikanischen Präsidenten in Russland gebaut wurde und nun zur sogenannten Autobahn ausgebaut wurde, fahren wir nach Listvianka. Auf halben Weg löst sich der dichte Nebel auf und wir fahren auf der relativ guten Strasse immer geradeaus über die vielen Hügel durch einen in herrlichen gelb, gold und rotfarbenen Herbstwald. Unser Fahrer fährt sehr anständig und überholt nur an übersichtlichen Stellen. Auch scheint er diese Strecke gut zu kennen, denn immer rechtzeitig vor den grösseren Bodenwellen bremste er ab und bewahrt uns vor grösseren Rückenschäden.

Der Bilck von der Strasse auf den mächtigen Abflussbereich des Angagra Flusses, dem Abfluss des Baikalsee, ist atemberaubend. Wir schätzen die Breite des Ausflusses auf 1,5 – 2km. Auf der anderen Seite des Flusses erkennen wir das Bahnhofgebäude von Port Baikal und in der Mitte des Flusses schaut ein spitzer Felsen aus dem Wasser.
Unser Führer Sergej erklärt uns, dass dieser Stein vom Göttervater des Baikalsee an diese Stelle geworfen wurde um zu verhindern, dass sich seine junge Tochter mit einem nicht genehmen jungen Verehrer trifft. Ob er dies mit diesem Steinwurf verhindern konnte oder nicht konnte uns Sergej auch nicht sagen aber auf jeden Fall steckt seit dann dieser Fels im Fluss und ist eine Gefahr für die Schiffahrt – und das alles wegen der Liebe….

Das heutige Ziel Listwjanka erstreckt sich auf über 5km Länge am Ufer des Baikalsee. Unser Hotel, das Baikal-Chalet, befindet sich leicht erhöht in einem Seitental. Das Haus ist zum grossen Teil aus Holz, fast wie ein Blockhaus, gebaut. Auch unser sehr grosses, gemütliche Zimmer ist vollständig aus Holz, sogar der Fussboden im Badezimmer ist aus glänzendem Holz. Vom Balkon vor unserem Zimmer schweift unser Blick über den Baikalsee, bis zu den schneebedeckten Bergen, welche den See an seinem Südende begrenzen.

Unsere Aussicht vom Balkon des Baikal Chalet

Unsere Aussicht vom Balkon des Baikal Chalet

Auf dem Weg vom Hotel zum Baikalsee laufen wir auf einer kleinen, einspurigen Strasse welche an beiden Seiten von sibirischen Holzhäusern gesäumt ist. Da jedes Haus von einem Zaun umgeben ist, erschrecken unsere Kinder jedesmal, wenn dahinter ein kräftiges Gekläff, begleitet von einem Kettenrasseln zu hören ist. Es scheint, dass jedes Haus einen angeketteten Wachhund besitzt. Die anderen Hunde, die nicht angekettet sind, streunen auf den Strassen herum und machen unseren Kindern auch keinen grossen Spass.
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Kaum haben wir das Ufer des Baikalsee erreicht, da sind unsere Kinder nicht mehr zu bremsen. Obwohl das Wasser sehr kalt und der Wind kalt ist, können sie fast nicht mehr damti aufhöhren Steine vom Ufer in den Baikalsee zu werfen. Wir beobachten unterdessen die vielen asiatischen Touristen, welche mit ihren Selfie-Sticks die Gegend unsicher machen.
Es geht nicht lange, da bemerken wir, dass einige dieser Touristen ihre Kamera immer in die Richtung unserer Kinder halten. Etwas später merken wir, dass nicht nur unsere Kinder, sondern auch wir ein beliebtes Photosujet sind. Und so kommt es während unserem Aufenthalt einige Male vor, dass wir von asiatischen Touristen auf russisch angesprochen und gefragt werden ob sie ein Bild mit sich und unseren Kindern machen könnten…
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Kulinarisch bietet Listwjanka feinen Omul (ein Fisch der im Baikalsee vorkommt), welchen man geräuchert direkt auf der Strasse oder als Sushimi (roh) oder gebraten in den Restaurants bekommt. Am Strand wird Pilav und auf Holzkohle gebratene Schaschlik angeboten. Wir geniessen diese Köstilichkeiten in kleinen Pick-Nick-Häusschen, diese werden per Video-Überwacht und kaum setzt wir uns in ein solches Häusschen da kommt auch schon ein Mann vorbei und kassiert die 100Rubel (1.50 Sfr) ein. Somit dürfen wir nun für eine Stunde hier sitzen..;-)

Hier wird unser feiner Omul geräuchert

Hier wird unser feiner Omul geräuchert


Und während der Pilav mit viel Knoblauch im Kessel gart, werden unsere Schaschlik auf der Holzkohle zubereitet.

Und während der Pilav mit viel Knoblauch im Kessel gart, werden unsere Schaschlik auf der Holzkohle zubereitet.


In der Nacht auf den nächsten Tag sind die Temperaturen unter den Gefrierpunkt gefallen. Darum sind wir froh, dass wir im geheizten Taxi sitzen, das uns zum Fähranleger bringt damit wir mit der kleinen Autofähre um 08:15 über den Angara-Abfluss nach Port Baikal fahren können.

Die kleine, aus zwei Schiffen zusammengeschweisste Fähre ist bereits da und wir sind froh, dass wir uns in einer kleinen Kabine zusammen mit den anderen Passagieren aufwärmen können und die Überfahrt nicht im Nebel auf der mit raureif überzogenen Fähre verbringen müssen.
Die Fahrt kostet 57Rubel (0.80 Sfr) und dauert ca. 15Min. Während unserer Überfahrt löst sich die ca. 20m hohe Nebelwand, welche sich vom Angara-Fluss auf den Baikalsee schiebt langsam auf und bereits im Hafen von Port Baikal geniessen wir die wärmenden Strahlen der Herbstsonne an einem blauen Himmel.
Auf dieser Überfahrt erfahren wir von Monteuren aus Österreich, die zur Zeit eine Wasserabfüllfabrik in Port Baikal aufbauen, dass das Baikalwasser aus einer Tiefe von 400m abgesaugt und bis auf eine Ozonbestrahlung in Flaschen abgefüllt und verkauft wird.

Die Autofähre, die uns über den Angara bringt

Die Autofähre, die uns über den Angara bringt

In Port Baikal erkunden Rico und ich zuerst die Schiffe, welche sich im Hafen befinden. Es handelt sich fast ausschliesslich um relativ grosse Schiffe (ca. 50m lang), welche sich entweder zur Überwinterung, zur Reparatur oder zum Abwracken hier befinden. Es hat auch diverse Trockendocks, doch auch hier erscheint es so, dass nur noch eines davon gebraucht wird. Und obwohl auch zu dem im Gebrauch erscheinenden Trockendock Bäume wachsen, hören wir aus dem Innern des Docks Stimmen, Schweissgeräusche und Hammerschläge.
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Nach dem Hafen spazieren wir zum Bahnhof. Dieser befindet sich in einem sehr guten Zustand. Das ist wahrscheinlich aufgrund der vielen Touristenzüge die hier während der Saison an- und abfahren. Auf jeden Fall scheint das Kaffee nicht offen zu haben und so laufen wir direkt und mit kalten Händen weiter zur abgestellten Dampflokomotive. Diese erkunden wir und können sogar in den Führerraum hinaufsteigen. Dort sind zwar fast alle Hebel abmontiert aber wir bekommen trotzdem eine gute Vorstellung wie mühsam es hier gewesen sein musste zu arbeiten. Vom grossen Kesselraum in welchem das Feuer brannte und es sicher sehr heiss war, trennt nur gerade ein ca. 1.5m lange Gang den im Winter bitterkalten Kohlentender.

Der Touristenbahnhof von Port Baikal

Der Touristenbahnhof von Port Baikal


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Wir spazieren noch etwas über die verlassenen Geleise der Bahnlinie, welche zu Begin von hier nach Irkutsk führte, welche aber nach dem Bau der drei Staustufen des Angaraflusses überflutet wurden. Am Hang über den alten Geleisen laufen wir an sehr gut erhaltenen und immer noch im Gebrauch befindlichen sibirischen Häuser. Wir begegnen auch ein paar Menschen. Wohin sie unterwegs sind, können wir leider nicht herausfinden.
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Wie abgemacht treffen wir Silvia und Babs am Baikalmuseum und von dort geht es gemeinsam hinauf zur Talstation des einzigen Sesselliftes von Listwjanka. Ok, es ist gar nicht so einfach herauszufinden welches nun die Tal- und welches die Bergstation ist, denn wenn dieser Sessellift überwindet maximal 150 Höhenmeter und fährt so langsam, dass wir mit laufen wahrscheinlich schneller gewesen wären….
Am Gipfel angekommen stärken wir uns mit Blinies aus dem Mikrowellenofen – für uns ein neues Erlebniss. Auch die Bschallung mit lauter, russischer Technomusik ist gewöhnungsbedürftig. Aber den Russen scheint es zu gefallen, denn wir können diverse Reisegruppen mit jungen Russen beobachten, die hier herauf kommen, kurz zum Aussichtspunkt laufen und dann wirder hinunter fahren.
Wir spazieren zwar auch zu diesem Aussichtspunkt wo sich auch ein buriatischer Tempel mit vielen Farbigen Bändeln befindet und wo wir eine herrliche Aussicht über den Baikalsee und auf Port Baikal geniessen. In der Nähe des Tempels entdecken wir unser erstes russische Streifenhörnchen.

Im Skigebiet am Baikalsee

Im Skigebiet am Baikalsee


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Ein Tempel der Buriaten hoch über dem Baikalsee

Ein Tempel der Buriaten hoch über dem Baikalsee

Am nächsten Morgen staunen wir nicht schlecht als wir die Vorhänge aufmachen und die Landschaft weiss gepudert ist. Der Winter ist am Baikalsee angekommen.

Grüsse von Väterchen Frost am Baikalsee

Grüsse von Väterchen Frost am Baikalsee

Während es draussen schneit, sitzen wir in unserem gemütlichen und warmen Hotelzimmer und arbeiten. Die Kinder machen Aufgaben. Da wir bereits vor unserer Abreise gewusst haben, dass es in Russland nicht einfach werden wird in Sachen Internet, wurden die Aufgaben von den Lehrerinnen von Schule im Koffer bereits vor unserer Abreise erstellt und so aufbereitet, dass sie ohne Internet gelöst werden können.
Auch auf der Reise ist es so, dass sich die Kinder nicht immer über die Aufgaben freuen aber meistens klappt es nach den ersten Startschwierigkeiten ganz gut und wenn sie dann so richtig in Fahrt sind, können wir sie fast nicht mehr bremsen….;-)

Doch wir sind nach dem Wintereinbruch nicht nur noch im Hotel gesessen. Wir haben uns auch in all unsere Kleider gestürzt (zum Glück haben wir auch Handschuhe dabei!) und der Kälte getrotzt.
Besonder unser Besuch im seht gut gestalteten Baikal Museum ist noch zu erwähnen. Dort wird nicht nur historisches über den Baikalsee gezeigt, sondern es hat auch diverse Aqurien mit den wichtigsten Tierarten, die im Baikalsee leben. In einem Microskopsaal können wir die kleinst Lebewesen im Wasser des Sees anschauen und ausserdem hat es eine interessante Fotoaustellung in welcher immer zwei Bilder nebeneinander hängen, welche vom gleichen Standort geamcht wurden. Eines im Jahr 1965 und das andere im Jahr 2005. Das Erstaunlichste daran ist für uns, dass sich auf den meisten Bildern fast nichts verändert hat.

Die einzigen Seehunde, die ausschliesslich im Süsswasser leben findet man im Baikalsee.

Die einzigen Seehunde, die ausschliesslich im Süsswasser leben findet man im Baikalsee.


Der wichtigste Fisch im Baikalsee - der Omul

Der wichtigste Fisch im Baikalsee – der Omul


4 Kommentare zu “Herbst und Winter in Listwjanka am Baikalsee

  1. Monika HaldiMonika Haldi

    Hallo ihr vier Weltenbummler,
    es ist wunderbar, eure Reise aus erster Hand mitzuerleben. Habe eine Karte aufgemacht und verfolge eure Reise darauf. Und ich verschlinge die spannenden und ausführlichen Reiseberichte. Und es ist wunderbar, euch so zufrieden zu sehen.
    Übrigens Gert; Happy Birthday. Nachträglich alles Gute zum Geburtstag. An diesen wirst du dich sicher immer erinnern.
    Liebe Grüsse Wali und Monika

  2. G. und W. Seltmann

    Ihr Lieben, zieht euch bitte warm an, sonst seid ihr in Russland arm dran – – – heisst es in irgend einem Lied. Danke für den sehr informativen Bericht.Mit lieben Grüssen, eure ANTIKEN.15.10.15

  3. Markus MüllerMarkus Müller

    Ciao Globetrotter!
    Cool, was Ihr da alles erlebt und erkundet. Scheint Euch allen ja sehr gut zu gehen!
    Weiter so und zeigt den Nachwuchs-Weltenbummlern, das Schule nicht alles ist 😉
    Ich mach’ mich bald (sehr bald!) auch auf Reise – ok, ‘s ist nur ein Katzensprung: Bern – Zürisee…
    Liebe Grüsse und viel Kurzweil – auch bei den Aufgaben
    Markus

  4. Roland

    Hallo Zusammen
    Wir hatten die letzten zwei Wochen, betonung auf zwei Wochen auch Ferien?
    Die haben wir im Garten verbracht? dabei bestand das schlecht Wetterprogramm daraus, auf 3SAT Traumzuege anzuschauen. Einmal ging es von Moskau nach Irkutsk und einmal von Peking bis Moskau. Natuerlich gab es auch noch andere Strecken.
    Die Dampflok von Port Baikal war vermutlich eine OR18 hergestellt bei der Firma Woroschilowgrad, davon gab es 522 Stueck und diese warren 1952 bis 1956 in Betrieb.
    Weiterhin in viel Spass, muessen jetzt erst einmal noch die anderen Berichte lesen.
    Die Toesstaler

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